Übertragungsschmerzen haben tatsächlich immer noch etwas Rätselhaftes, obwohl sie eigentlich sehr häufig vorkommen. Deshalb sollten wir sie unbedingt entschlüsseln, wenn wir in der Schmerztherapie nachhaltig erfolgreich sein wollen. Der eigentliche, ursprüngliche Entstehungsort von Schmerzen muss das Ziel unserer Suche sein. Glauben Sie nur nicht, dass man dazu einfach nur die Patienten fragen müsste. So einfach lässt sich unser zentrales Nervensystem nicht hinter die Karten schauen. Tatsächlich sind Schmerzen keine objektive Sinnesempfindung, die man sozusagen objektiv schildern, kommunizieren könnte. Im Gegenteil, sie werden von vielen Faktoren beeinflusst. So beispielsweise von unseren Lebenserfahrungen, Einstellungen, unseren Emotionen und natürlich ganz besonders vom Aktivitätszustand unseres vegetativen Nervensystems. Natürlich hat eine lokale Verletzung oder eine Überanstrengung einen eindeutigen Sinneseindruck zur Folge. Man kennt Schmerzursache und Ort. Das ist aber nicht immer so. Viele Schmerzen treten scheinbar einfach so auf irgendwo am Körper. Und keiner weiß warum und wieso gerade dort.
Muskel-Triggerpunkte übertragen Schmerzen
Häufig entstehen Schmerzen nicht dort, wo sie wehtun, sondern werden von einer weit entfernten myofaszialen Funktionsstörung verursacht. Wenn also das Bein schmerzt, kann der Gesäßmuskel die Ursache sein – und eben nicht der „Ischias“. Wenn Ihnen ein Spannungsgefühl im Kopfbereich zusetzt, sollten Sie immer nach Triggerpunkten im Nackenbereich suchen lassen. Während beim Kreuzschmerz alle nach Bandscheibenvorfällen fanden, entwickelt sich dieser demgegenüber viel häufiger durch einen Nervenreiz aus tief gelegenen Körperstrukturen. Schulter- und Armschmerzen sind weniger ein Problem des Schultergelenkes als vielmehr das Ergebnis einer Störung der Nackenmuskulatur und der Halswirbelsäule. Selbst scheinbare Gelenkbeschwerden an Händen und Füßen entpuppen sich nicht selten als Muskel-Faszienprobleme. Allerdings muss man diese myofaszialen Problemzonen auch auffinden. Dazu sollten wir uns im Klaren sein über die Auslöser von Übertragungsschmerzen.
Übertragungsschmerzen – eine zentralnervöse Sensibilisierung
Übertragungsschmerzen sind in gewisser Weise das Produkt einer Steigerung der Nervenempfindlichkeit. Eine derartige Sensibilisierung ist keineswegs eingebildet, sie ist leider ganz und gar unangenehm real. Zu allem Überfluss hat es der Körper so eingerichtet, dass die myofaszialen Auslöser der Übertragungsschmerzen selbst nicht oder kaum schmerzhaft sind. Das erschwert natürlich ihre Auffindung. Wie kommt es eigentlich zu diesen seltsamen Phänomenen? Daran beteiligt sind oft andauernde Schmerzreize oder all diejenigen Faktoren, die wir unter dem Begriff Stress zusammenfassen. Im strengeren medizinischen Sinne sprechen wir hier von anhaltenden Erregungen in emotionalen und vegetativen Zentren. Die intensive Vernetzung dieser Nervensysteme mit dem Muskel-/Faszienbereich verursacht eine Absenkung der Reizschwelle. Schon kleine Störungen und Reize jeder Art lassen uns dann nicht nur „aus der Haut“ fahren. Tatsächlich führen sie darüber hinaus auch zu Beschwerden im myofaszialen System. Muskeln und Gefühle – ein großes Thema!