Myofasziale Schmerzen hat jeder

Wir haben über strukturell bedingte Beschwerden gesprochen, also über kaputte Gelenke, Bandscheibenvorfälle oder Nervenentzündungen. Im Vergleich dazu treten jedoch funktionelle Störungen wesentlich häufiger auf. Funktionsstörungen führen zu Schmerzen an Muskeln, Faszien und Nervensystemen. Die richtige Diagnose dafür lautet myofasziale Schmerzen. Bei Muskelverspannungen oder den meisten Rückenschmerzen handelt es sich ums derartige funktionelle Störungen. Meistens vergehen solche Unpässlichkeiten schnell wieder von ganz alleine. Tun sie das jedoch nicht, können sie sich zu hartnäckigen, das ganze Leben beeinträchtigenden Schmerzsyndromen entwickeln Die Bezeichnung Syndrom weist darauf hin, dass derartige Beschwerdebilder meistens ein buntes Bild verschiedener Störungen auszeichnet. Typisch ist die Wechselhaftigkeit und eine diffuse Symptomatik, die in unterschiedlichen Variationen und Situationen in Erscheinung tritt.

Schmerzen an Muskeln, Faszien und Nervensystemen = Myofasziale Schmerzen 

Tatsächlich kann man myofasziale Schmerzen nicht mit Hilfe bildgebender Verfahren wie Röntgentechnik oder Kernspintomografie diagnostizieren. Warum ist das so? Bei myofaszialen Schmerzen handelt es sich um funktionelle Störungen im Bereich der Muskeln und Faszien. Funktionelle Störungen erkennt man im Zustand der Muskel-Fehlfunktion. Also beispielsweise an Hand einer Muskelverhärtung, Muskelverkürzung oder auch einer Sehnenempfindlichkeit.  Faszien umgeben jeden Muskel und jedes Organ. Sie vernetzen also unseren gesamten Körper und sind sozusagen das Bindegewebe unserer Muskeln. Faszien werden zunehmend als bedeutungsvoll erkannt, weil sie alle Strukturen unseres Körpers vernetzen und weil sie vegetative Fasern in hoher Dichte enthalten. Dadurch werden Faszien selbst zum Sinnesorgan. Die Muskel-Faszien-Einheit ist also viel mehr als nur ein Befehls empfangendes Kraftpaket. Wie das gesamte Bindegewebe überhaupt reagiert sie auf Bewegungsmangel, Ernährungsfehler und vor allem emotionale Störungen.

Wie behandele ich myofasziale Schmerzen? 

Zunächst einmal dadurch, dass ich erkenne: es handelt sich um Schmerzen an Muskeln, Faszien und Nervensystemen. Die richtige Diagnose muss her, das ist entscheidend wichtig. Myofasziale Schmerzen zeichnen sich vor allem durch Funktionsstörungen aus. Darunter verstehen wir Störungen unseres Bewegungsverhaltens (Motorik) und des Körpergefühls (Sensorik). Myofasziale Schmerzen treten aber auch in Ruhe auf und verursachen insbesondere Gefühlsstörungen in Form von Taubheit und Kribbelparästhesien. Auffallend ist außerdem oft eine gesteigerte Empfindlichkeit am Bewegungssystem, eine vermehrte Sensibilität. Nicht zuletzt dadurch wird der ganze Schmerzkomplex so unerträglich. Zusätzlich fallen bei den Patienten auch vermehrte Reizbarkeit und Unruhe auf, sicherlich nicht zuletzt infolge der langen Vorgeschichte des Leidens mit vielen vergeblichen Therapieversuchen. Das Therapieziel ist daher die umgehende Schmerzlinderung mittels Desensibilisierung überempfindlicher Gewebe. Das führt zur Wiederherstellung von Beweglichkeit und Funktion.

Triggerpunkte – gibt es sie wirklich?

Gleich zu Beginn: ja es gibt sie. Aber Triggerpunkte sind mittlerweile schon auch Mode. Teilweise zu  Recht, sind doch mit dieser Anschauung wertvolle neue diagnostische und therapeutische Gesichtspunkte verbunden. Jeden Tag kommen Patienten in meine Praxis und berichten, dass sie unter diesen eigenartigen Triggerpunkten leiden. Was hat es damit auf sich? Zunächst die gute Nachricht: Triggerpunkte können tatsächlich Schmerzen auslösen und unterhalten. Darüber hinaus sind sie in der Lage, Schmerzen auch in andere Körperbereiche zu übertragen. So beispielsweise von der Nackenmuskulatur in den Kopf mit Auslösung eines sog. Spannungskopfschmerzes. Oder auch vom unteren Rücken ins Gesäß und von dort weiter in ein Bein. Jetzt die schlechte Nachricht: Triggerpunkte sind nur selten für sich allein ursächlich verantwortlich für die Schmerzen. Meistens, insbesondere bei den chronischen Fällen, sind sie Teil einer umfassenderen Problematik mit Beteiligung des zentralen Nervensystems.

Triggerpunkte und myofasziale Schmerzen

Triggerpunkte sind Bestandteil des myofaszialen Systems. Daher spricht man in aufgeklärten orthopädischen Kreisen mittlerweile immer häufiger vom myofaszialen Schmerzsyndrom. Damit ist ausgesagt, dass die Einheit von Muskeln und Faszien und ihrer durchgängigen Versorgung mit vegetativen Nervenfasern funktionsgestört ist. Das Miteinander der Systemkomponenten verläuft nicht harmonisch – am ehesten vergleichbar mit einer Software-Störung. Es ist also nichts „kaputt“, auch wenn das myofasziale Syndrom ganz erhebliche Schmerzen verursachen kann und viele Menschen in tiefer Verzweiflung zurücklässt. Natürlich ganz besonders dann, wenn die richtige Diagnose nicht gestellt wird, was leider immer noch außerordentlich häufig der Fall ist. Triggerpunkte sind also funktionsgestörte Teile von Muskelfasern, klein aber häufig gut tastbar, sofern sie in oberflächlicheren Körperbereichen liegen. Seltsamerweise spürt man sie meistens kaum, wenn sie nicht speziell gereizt werden. Für den Untersucher weisen sie allerdings meistens gemeinsame Merkmale auf, ohne dass man sich aber darauf verlassen kann.

Wie behandelt man Triggerpunkte?

Da Triggerpunkte häufig Teil einer Störung des myofaszialen  Systems sind, muss man zunächst alle Triggerpunkte lokalisieren. Danach gilt es herauszufinden, welche wichtig für das Beschwerdebild sind. Viele von uns haben sicherlich hin und  wieder myofasziale Funktionsstörungen. Nicht alle sind behandlungsbedürftig. Da die manuelle Verortung in tiefen Muskelschichten unzuverlässig ist, verwende ich regelmäßig die Techniken der Aurikulomedizin und der Stoßwellendiagnostik. Dadurch gewinnt man sehr zuverlässige Informationen über das gesamte Beschwerdebild. Die Behandlung erfolgt dann durch Akupunkturnadeln, Injektionen mit einem lokalen Betäubungsmittel oder vor allem auch durch die Stoßwellentherapie. Mit letzterer Technik lässt sich vor allem gut das gesamte Triggerpunkt-Netzwerk darstellen. Auf diese Weise wird der Patient endlich in die Lage versetzt, diese Punkte selbst zu spüren, was meistens vorher nicht möglich war. 

 

 

 

 

 

 

Stagnation, Stauung führen zu Krankheit

Eigentlich wollen alle, dass sich etwas tut in unserem Leben. Ja, wir wollen gerne bewegt sein. Langweilig soll es nicht sein, eher vielfältig, abwechslungsreich, nicht immer dasselbe. Leider passiert bei vielen Menschen etwa ganz anderes. Sie denken und tun meistens dasselbe, drehen sich um sich selbst. Natürlich muss das nicht das ganze Leben betreffen. Aber schon in Teilbereichen des Daseins hat das manchmal unangenehme Konsequenzen. Allerdings kann nicht nur geistige Unbeweglichkeit ein Problem sein. Auch mangelnde körperliche Bewegung ist bekanntermaßen ungünstig. Aber was ist daran so schlimm? Darüber hat erstaunlicherweise die traditionelle chinesische Medizin sehr viel nachgedacht und publiziert. Sie hat wichtige Begriffe geprägt, die dieses Phänomen beschreiben: Stagnation, Stauung. Möglicherweise wundern Sie sich jetzt, dass ich hier körperlichen und mentalen Flexibilitätsverlust gleichzeitig zum Thema mache. Das macht jedoch in der Tat viel Sinn. Aber was hat diese Stagnation mit Schmerzen zu tun? 

Stagnation, Stauung und Muskeln 

Die meisten von uns wissen: viele Beschwerden im muskuloskelettalen Bereich sind verursacht durch Blockaden. Was genau diese Blockaden eigentlich darstellen, dürfte den wenigsten klar sein. Die chinesische Tradition ist sich im Gegensatz dazu ganz sicher: es handelt sich um Stauungen, um Stagnation von Blut und Lebensenergie. Diese Stauungen sind oftmals Folge von mangelnder körperlicher und auch geistiger Beweglichkeit. Körperflüssigkeiten wie Blut, Lymphe und Bindegewebswasser müssen frei zirkulieren können, um alle Körperbereiche erreichen und versorgen zu können. Allerdings, geschieht das nicht in ausreichendem Maße, verschlechtert sich das Gewebsmilieu, der Austausch von Stoffwechselprodukten finden nicht mehr hinreichend statt. Krankheitserreger können nicht mehr schnell genug unschädlich gemacht werden. Muskeln verkrampfen und verkürzen sich. Faszien „verfilzen“ und werden unelastisch. Wirbelgelenke beginnen ihren normalen Aktionsradius zu verlieren und verklemmen. Das alles sensibilisiert die Nerven. Letztendlich haben wir dann tatsächlich ein Problem, ein schmerzhaftes Problem.

Wege aus der Stagnationsfalle

Es geht – eigentlich wie immer – um nichts geringeres als um Körper und Geist. Jeder weiß es: körperliches Training hat eine nicht zu überschätzende Bedeutung für einen lebendigen Stoffwechsel und eine störungsfreie Durchblutung. Verantwortlich dafür ist unter anderem die muskulären Vernetzung mit wichtigen emotionalen, hormonellen und entzündungshemmenden Zentren. Aber auch geistige Beweglichkeit ist ein hohes Gut, das  nicht vernachlässigt werden sollte. Anhaltende emotionale Störungen haben die Fähigkeit, in den myofaszialen Systemen unangenehme Fußabdrücke zu hinterlassen. Kein Wunder könnte man sagen, dass alle Welt massiert werden möchte. Wir sollten uns immer mal wieder frischen Wind um die Nase wehen lassen. Vielleicht auch einmal aus Richtungen, die uns eigentlich nicht so passen. Natürlich neigt man gerne zu Bequemlichkeiten besonderes im höheren Alter. Trotzdem, Beweglichkeit macht Spaß! Und sie verhindert eine Vielzahl möglicher Erkrankungen.